Schadensersatzansprüchen einer WEG gegen einen Mieter

Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen einerWohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Mieter wegen Beschädigung von Gemeinschaftseigentum getroffen.

Die Beklagten waren Mieter einer in einer Wohnanlage gelegenen Wohnung, die im Eigentum eines Mitglieds einerWohnungseigentümergemeinschaft steht. Bei ihrem Auszug Ende Juni 2008 benutzten die Beklagten zum Transport von Möbeln den im Gemeinschaftseigentum stehenden Fahrstuhl, der innen mit Edelstahlpaneelen verkleidet ist. Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft von den Beklagten Schadensersatz wegen der dabei angeblich erfolgten Beschädigung von sechs Paneelen. Er hat im Dezember 2009 Klage auf Zahlung von 6.733,54 € erhoben. Die Beklagten haben sich auf Verjährung berufen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die mietrechtliche Vorschrift des § 548 Abs. 1 BGB*, die eine kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten vorsieht, auf einen Schadensersatzanspruch einerWohnungseigentümergemeinschaft wegen der Beschädigung von Gemeinschaftseigentum durch einen Mieter nicht anwendbar ist. Der Anspruch unterliegt vielmehr der Regelverjährung von drei Jahren.

*§ 548 BGB: Verjährung der Ersatzansprüche und des Wegnahmerechts

  (1) Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache verjähren auch seine Ersatzansprüche.

  (2) …

Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 349/10

LG Stuttgart – Urteil vom 31. März 2010 – 18 O 483/09

OLG Stuttgart – Urteil vom 5. August 2010 – 7 U 82/10

(veröffentlicht in WuM 2010, 563 f.)

Karlsruhe, den 29. Juni 2011

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Täuschung über Innenprovision

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revisionen einer Bank in acht Parallelfällen (Innenprovision) entschieden, dass Anleger nicht arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht werden, wenn in dem Verkaufsprospekt angegeben wird, vom Gesamtaufwand entfielen für den Erwerb einer Immobilie 76,70% auf „Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing“ und darin eine Vertriebsprovision in Höhe von 18,24% eingepreist ist. Die den Erwerb finanzierende Bank traf deshalb insofern keine Aufklärungspflicht unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs.

Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden, die im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb errichtet wurden und Darlehensrückzahlungsansprüche der Bank sichern sollten, für unzulässig erklärt. Auf die Revisionen der Bank hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Berufungsurteile aufgehoben und die Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine kreditgebende Bank, mit der kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa bei einem Wissensvorsprung der Bank der Fall. Ein solcher liegt u.a. vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Anleger von seinem Geschäftspartner oder durch den Verkaufsprospekt über die von ihm zu zahlenden Vertriebsprovisionen arglistig getäuscht wurde.

Der hier verwendete Verkaufsprospekt weist zwar nicht aus, dass in den Kaufpreis eine Vertriebsprovision in Höhe von 18,24% eingepreist war. Eine arglistige Täuschung, wie sie vom Berufungsgericht angenommen wurde, liegt dennoch nicht vor. Der Anfall von Vertriebsprovisionen wurde im prospektierten Gesamtaufwand unter der Rubrik „Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing“ deutlich erkennbar dem Grunde nach offengelegt. Auch eine Täuschung über die Höhe der Vertriebsprovision ist nicht erfolgt. Aus der geringen Höhe anderer offen gelegter Bestandteile des Gesamtaufwandes kann, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, nicht geschlossen werden, die im Kaufpreis enthaltene Vertriebsprovision sei ebenfalls gering.

In den von den Vermittlern verwendeten formularmäßigen Vermittlungsaufträgen und Berechnungsbeispielen wurde ebenfalls nicht arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht. Diese weisen zwar nur die vom Anleger direkt an den jeweiligen Vermittler zu zahlende „Bearbeitungsgebühr“ in Höhe von 3,42% aus. Darin liegt jedoch keine abschließende Erklärung über Anfall und Höhe sonstiger Vertriebsprovisionen. Im Gegenteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vermittler nicht nur für die Erwerber, sondern auch als Nachweismakler für eine zwischengeschaltete Vertriebsgesellschaft tätig werden und Provisionsansprüche auch gegen andere am Immobilienprojekt Beteiligte bestehen können. Schließlich ergab die in den Vorinstanzen durchgeführte Beweisaufnahme nicht, dass die Vermittler in den Verkaufsgesprächen wahrheitswidrige Angaben über Anfall und Höhe weiterer Vertriebsprovisionen gemacht haben.

Mangels einer arglistigen Täuschung der Anleger durch den Vertrieb konnte der Bank deshalb nicht der Verwurf gemacht werden, eine Aufklärungspflicht verletzt zu haben. Schadensersatzansprüche der Anleger gegen die Bank, die der Zwangsvollstreckung entgegen gehalten werden könnten, bestehen somit nicht.

Die Verfahren waren zur Klärung weiterer, vom Berufungsgericht bislang noch nicht geprüfter Einwendungen der Anleger zurückzuverweisen.

Urteile vom 5. Juni 2012

XI ZR 149/11

LG Oldenburg – Urteil vom 11. September 2008 – 9 O 1139/06

OLG Oldenburg – Urteil vom 28. Februar 2011 – 3 U 47/08

XI ZR 173/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 4267/04

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 53/10

XI ZR 174/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 1121/05

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 54/10

XI ZR 175/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 87/07

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 61/10

XI ZR 176/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 2108/06

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 59/10

XI ZR 177/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 710/06

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 57/10

XI ZR 178/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 3429/05

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 56/10

XI ZR 179/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 71/05

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 55/10

Karlsruhe, den 6. Juni 2012

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Keine arglistige Täuschung bei Falschangaben über die Innenprovision

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revisionen einer Bank in acht Parallelfällen entschieden, dass Anleger nicht arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht werden, wenn in dem Verkaufsprospekt angegeben wird, vom Gesamtaufwand entfielen für den Erwerb einer Immobilie 76,70% auf „Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing“ und darin eine Vertriebsprovision in Höhe von 18,24% eingepreist ist. Die den Erwerb finanzierende Bank traf deshalb insofern keine Aufklärungspflicht unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs.

Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden, die im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb errichtet wurden und Darlehensrückzahlungsansprüche der Bank sichern sollten, für unzulässig erklärt. Auf die Revisionen der Bank hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Berufungsurteile aufgehoben und die Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine kreditgebende Bank, mit der kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa bei einem Wissensvorsprung der Bank der Fall. Ein solcher liegt u.a. vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Anleger von seinem Geschäftspartner oder durch den Verkaufsprospekt über die von ihm zu zahlenden Vertriebsprovisionen arglistig getäuscht wurde.

Der hier verwendete Verkaufsprospekt weist zwar nicht aus, dass in den Kaufpreis eine Vertriebsprovision in Höhe von 18,24% eingepreist war. Eine arglistige Täuschung, wie sie vom Berufungsgericht angenommen wurde, liegt dennoch nicht vor. Der Anfall von Vertriebsprovisionen wurde im prospektierten Gesamtaufwand unter der Rubrik „Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing“ deutlich erkennbar dem Grunde nach offengelegt. Auch eine Täuschung über die Höhe der Vertriebsprovision ist nicht erfolgt. Aus der geringen Höhe anderer offen gelegter Bestandteile des Gesamtaufwandes kann, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, nicht geschlossen werden, die im Kaufpreis enthaltene Vertriebsprovision sei ebenfalls gering.

In den von den Vermittlern verwendeten formularmäßigen Vermittlungsaufträgen und Berechnungsbeispielen wurde ebenfalls nicht arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht. Diese weisen zwar nur die vom Anleger direkt an den jeweiligen Vermittler zu zahlende „Bearbeitungsgebühr“ in Höhe von 3,42% aus. Darin liegt jedoch keine abschließende Erklärung über Anfall und Höhe sonstiger Vertriebsprovisionen. Im Gegenteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vermittler nicht nur für die Erwerber, sondern auch als Nachweismakler für eine zwischengeschaltete Vertriebsgesellschaft tätig werden und Provisionsansprüche auch gegen andere am Immobilienprojekt Beteiligte bestehen können. Schließlich ergab die in den Vorinstanzen durchgeführte Beweisaufnahme nicht, dass die Vermittler in den Verkaufsgesprächen wahrheitswidrige Angaben über Anfall und Höhe weiterer Vertriebsprovisionen gemacht haben.

Mangels einer arglistigen Täuschung der Anleger durch den Vertrieb konnte der Bank deshalb nicht der Verwurf gemacht werden, eine Aufklärungspflicht verletzt zu haben. Schadensersatzansprüche der Anleger gegen die Bank, die der Zwangsvollstreckung entgegen gehalten werden könnten, bestehen somit nicht.

Die Verfahren waren zur Klärung weiterer, vom Berufungsgericht bislang noch nicht geprüfter Einwendungen der Anleger zurückzuverweisen.

Urteile vom 5. Juni 2012

XI ZR 149/11

LG Oldenburg – Urteil vom 11. September 2008 – 9 O 1139/06

OLG Oldenburg – Urteil vom 28. Februar 2011 – 3 U 47/08

XI ZR 173/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 4267/04

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 53/10

XI ZR 174/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 1121/05

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 54/10

XI ZR 175/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 87/07

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 61/10

XI ZR 176/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 2108/06

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 59/10

XI ZR 177/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 710/06

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 57/10

XI ZR 178/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 3429/05

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 56/10

XI ZR 179/11

LG Oldenburg – Urteil vom 8. März 2010 – 9 O 71/05

OLG Oldenburg – Urteil vom 10. März 2011 – 8 U 55/10

Karlsruhe, den 6. Juni 2012

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs